Manchmal läuft im Leben alles wie geschmiert und in einem fast unwirklichen Glücks- und Traummodus. Du gehst Schritt für Schritt voran und alles passt. Es fügt sich alles zu einem Mosaik zusammen. Das ist bei Kasalla in den letzten Jahren so, jedoch in einem so atemberaubenden Tempo, dass es den fünf Musikern mitsamt dem Team eigentlich permanent schwindelig werden müsste.
Schon die kurze Kasalla-Biografie umreißt nur einige Stationen des überaus bewegten Bandlebens. Doch Kasalla verliert nicht die Bodenhaftung und die musikalische Qualität. Dies wird bei dem vierten Studioalbum „Mer sin Eins“ sehr deutlich.
Die fünf Musiker sind eins und trotzdem individuell, wie auf dem Cover sehr schön illustriert. Mal durch das gesamte Werk von 18 (!) Liedern gehört, gibt es keinen wirklich schwachen Song. Jedes Lied hat so viele kleine Details in sich, die man erst beim mehrfachen Hineinhören entdeckt. Dazu passen die Stimmen von Bastian Campmann (härtere Stimmfarbe) und Florian Peil (weichere Stimmfarbe) in den Refrain-Stimmendoppelungen oder in den leicht versetzten Stimmpassagen einfach hervorragend. Kasalla produziert einerseits kompakte Stadion-Hymnen wie „Dat Veedel dat fählt“ oder „Aureblecke“ und dann anderseits so eine herrlich bittersüße Ballade wie „Keine lüüch su schön wie du“. Wir von BANDS.koeln behaupten mal, keine Band aus Köln nach BAP hat so bildhafte Musiktexte entstehen lassen.
Kasalla funktioniert im Kölner Karneval und auch im deutschsprachigen Raum!
Das ist schon ein großer Spagat. Du brauchst jedes Jahr ein funktionierendes Sessionslied und wenn du auch außerhalb des Karnevals vor vollen Hallen spielen möchtest, dann muss deine Musik alltagstauglich sein. Wie hart gerade in Köln das Musikbusiness ist, beschreibt Sänger Bastian Campmann sehr eindrücklich in dem Orange.Handelsblatt-Interview. Dass Kasalla die absolut richtige Mischung gefunden hat, spiegelt sich in der ersten Woche nach Veröffentlichung mit Platz 5 in den deutschen Albumcharts wieder.
Zwischen den Karnevalsliedern
Gerade die Songs, die vielleicht nicht ganz so klassisch karnevalstauglich daherkommen, besitzen eine besondere Tiefe und Kreativität. Nehmen wir mal das herzzerreißende „Ich jonn kapott“: Da wird in bester Tom Waits-Manier auf Kölsch das arme Tier im Liebeskummer beweint, um im Outro in einem aggressiven Rap zu enden. Habe ich so noch nie gehört und ist sehr mutig und excellent umgesetzt. Das geht gehörig unter die Haut.
Dagegen kommen „Lang noch nit vörbei“ und „Dat Veedel dat fählt“ so herrlich lebensbejahend daher. Seien wir mal ehrlich. Wir würden doch manchmal gerne alles einreißen und ein neues Veedel aufbauen. So ohne Kölner Stadtplanungsbehörde und vielleicht mit einer anderen Umsetzungsgeschwindigkeit. Ein schöner Gedanke in der heutigen Zeit der teilweisen Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit. Und wenn es jetzt kalt draußen wird, kuschelt unter die Decke, und hört einfach mal in „Keine lüüch wie du“ hinein. Ach was, am besten in das gesamte Meisterwerk des Kasalla-Albums „Mer sin Eins“ voller Geschichten op kölsch.
Um es kurz zusammenzufassen: Für mich ist dieses aktuelle Kasalla-Studioalbum der Longplayer 2017 aus der Stadt mit K. Da müsste noch bis zum Jahresende ein gewaltiges Musikbeben passieren. Ohne Wenn und Aber!